Persönlich und authentisch
24 Profi- und Sterneköchinnen erzählen ihre Geschichten und ihren Werdegang, dazu verraten sie jeweils zwei ihrer liebsten Rezepte. Vorgestellt werden: Sonja Baumann, Iris Bettinger, Sonja Frühsammer, Vicky Fuchs, Maria Groß, Sarah Henke, Julia Komp, Meike Menzel, Cornelia Poletto, Sybille Schönberger, Franzi Schweiger, Anna Sgroi, Douce Steiner, Elisabeth Grabmer, Irmgard Sitzwohl und Elisabeth Geisler, Lisl Wagner-Bacher, Vreni Giger, Tanja Grandits, Keygnaert Karen, Anna Matscher, Elena Arzak, Ana Ros und Veronica Canha-Hibbert.
Autorin Stephanie Bräuer sagt es bereits im Vorwort: Den uralten Macho-Spruch „Frauen an den Herd“ lässt sich auch als Aufforderung sehen, „zu zeigen, wie toll es ist, in einer Küche zu stehen - als Chef am Herd!“ Diese Zusammenfassung ihrer Gespräche mit den 24 Spitzenköchinnen, die sie in ihrem Buch porträtiert, bringt es auf den Punkt. Auch wenn es immer noch schwierig sei, den Beruf Köchin alleine wegen der Arbeitszeiten mit Familie zu vereinen (das Problem stellt sich aber auch zunehmend bei den männlichen Vertretern der Zunft, die der „Work-Life-Balance“ mehr Bedeutung zugestehen als die Generationen vorher), so sei doch Profiköchin ein toller Beruf.
Die Schwierigkeiten des Berufs werden gleich auf den ersten Seiten genannt (Familienplanung, ungleiche Bezahlung, Belästigung am Arbeitsplatz etc.), so dass „Frauen an den Herd“ dann auch gleich ans Eingemachte geht - kluge Porträts von Spitzenköchinnen, die von ihren Erfahrungen berichten, über gute Zutaten wie die selbstgezüchteten Bresse-Hühner („weil die besser schmecken“ - Sonja Frühsammer, S. 30) oder ihren Führungsstil.
Jedes der sehr lesenswerten Porträts umfasst auch zwei Rezepte, die mal mehr, mal weniger schwierig nachzukochen sind - für die komplexeren Gerichte gibt es dann aber auch ausführliche Beschreibungen wie beispielsweise beim Mispel-Desert von Iris Bettinger (S. 24-27), in dem jeder Arbeitsschritt minutiös erklärt wird.
So unterschiedlich die vorgestellten Spitzenköchinnen sind, so unterschiedlich sind auch die Rezepte: Vom Sylter Salzwiesenlamm mit Linse, Okraschote und persischer Limone (Julia Komp, S. 78-81) über ein einfaches, aber geniales Spargel-Zitronen-Pesto (Sybille Schönberger, S. 114-115) bis zur „Blauen Garnele“ von Deutschlands einziger Zwei-Sterne-Köchin Douce Steiner (S. 138-141) bietet die Auswahl an Rezepten eine gelungene Mischung aus bodenständigen, raffinierten und kreativen Gerichten.
Die Porträts sind ebenso persönlich wie authentisch, genau wie die vorgestellten Gerichte. Das wird auch bei Elena Arzak, einer der wenigen Drei-Sterne-Köchinnen weltweit deutlich, die im spanischen San Sebastian mit ihrem Vater die Küche des „Arzak“ führt und dabei klar auf hervorragende regionale Produkte und gute Ideen setzt, wenn sie beispielsweise eine Frosch-Schokolade kreiiert, um auf eine bedrohte Froschart in ihrer Heimat hinzuweisen. In ihrem Rezept „Makrele, Patxaran“ trifft dann auch der „modische Arme-Leute-Fisch“ auf einen lokalen Anis-Schlehen-Likör, der ihm bei nur vier Zutaten (Fisch, Weißweinessig, Likör und Olivenöl) den richtigen Twist verleiht.
Natürlich lebt auch „Frauen an den Herd!“ von der perfekten Inszenierung und dem Marketing, das inzwischen in der gesamten Spitzengastronomie zu finden ist, der Fokus auf weibliche Chefs macht aber deutlich, wie wichtig es ist, dass auch Frauen ihren Platz in der Spitzengastronomie und damit der Öffentlichkeit finden und damit als Vorbild für folgende Generationen agieren, denn die Zeiten, in denen die Jungs den Profi-Sektor alleine für sich beanspruchen sind längst vorbei. Die Spitzengastronomie bietet noch viel Luft nach oben für Frauen mit Passion und Durchsetzungsvermögen am Herd. Weiter so!
Fazit
„Frauen an den Herd!“ ist ein schön gestaltetes, wertiges Buch mit kurzweilig zu lesenden Portraits von interessanten Frauen, die ihren Platz in der Spitzengastronomie gefunden haben. Die Fotos tragen zum Lesegenuss bei: sympatische Portraits, ansprechende Foodfotos von Annette Sandner und einige Stimmungsbilder aus den Restaurants machen „Frauen an den Herd!“ zu einer runden Sache.
// Belinda Petri, Januar 2019
Rezepte: ++++
Layout: ++++
Fotos: ++++
Originalität: +++++
Preis-Leistungsverhältnis: +++
Kaufempfehlung: ja
Frauen an den Herd!
240 Seiten
ISBN: 9783959612432
39,99 Euro
erhältlich im Buchhandel und beim Christian Verlag
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