Als Darsteller in „Die Fälscher“ konnte Karl Markovics sich über den Oscar für Österreich freuen. Jetzt hat der allürenfreie Ausnahme-Akteur die Seiten gewechselt und präsentiert sein eindrucksvolles Regiedebüt. Das wurde prompt nach Cannes eingeladen und preisgekrönt, inzwischen ist es für den europäischen Filmpreis nominiert und fürs Oscar-Rennen vorgeschlagen – von ähnlichen Lorbeeren können deutsche Nachwuchsfilmer nur träumen! Auch in Sachen rigoroser Story und origineller Bildsprache wird man hierzulande kaum einen ähnlich überzeugenden Erstling finden. Die Handlung selbst klingt dabei kaum spektakulär: Der junge Einzelgänger Roman (Thomas Schubert) sitzt wegen Totschlags im Jugendknast. Eine Resozialisierung des jähzornigen Teenagers scheint aussichtslos, an allen Arbeitsstellen versagt er nach kurzer Zeit. Erst der Job bei einem Wiener Bestattungsunternehmen bringt Erfolge. In einer Leiche glaubt das Heimkind seine Mutter zu entdecken, die er nie kennengelernt hat. Ein Trugschluss zwar, doch nun macht er sich auf die Suche und wird fündig bei IKEA: „Warum hast du mich weggeben?“ – „Das war das Beste, was ich in meinem Leben gemacht habe“ heißt der bittere Dialog.
Was zu einem sozialpädagogisch verkitschten Knast-Drama geraten könnte, entpuppt sich als stilsichere Sozialstudie der minimalistischen, fast meditativen Art. Kein Bild zu viel, kein Text zu geschwätzig. Solch souveräne Präzision erinnert an die Filme von Michael Haneke („Das weiße Band“), bietet aber eine ganz eigene Handschrift, die sogar hübsche Schnörkel für schwarzen Humor bietet. Die Leinwandpräsenz des 19-jährigen Laiendarstellers Thomas Schubert überzeugte auch Angelina Jolie, die ihm beim Filmfest Sarajewo den Darstellerpreis mit einem Küsschen überreichte. Mit Sicherheit eines der besten Regiedebüts des Jahres, das allemal einen Oscar verdient hätte. /// Dieter Oßwald
Bewertung der redaktion
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