Tannhäuser (Paul Mc Namara) hat sich im Streit von seinen Sängerfreunden getrennt und hat sieben Jahre im Venusberg bei Venus (Sanja Radisic) verbracht. Er ist ihrer ganz unchristlich sinnlichen Schönheit erlegen, jetzt aber hat er Sehnsucht nach Natur, Wäldern, Bächen und Luft. Offensichtlich durfte er nie raus, frische Luft schnappen. Auch hat er Angst, ihr Sklave zu werden. Sein Ringen mit ihr um Freiheit ist musikalisch hoch dramatisch.
Gelungene musikalische Umsetzung
Tannhäuser schmeichelt seiner Göttin, kämpft mit ihr und sich selbst, ringt sich immer wieder zur Entscheidung gegen sie durch; sie zieht alle Register ihrer Verführungskunst, immer bereit, ihn all ihre gekränkte Eitelkeit und drohende Rachsucht spüren zu lassen. Die musikalische Umsetzung ist fantastisch. Der Orchesterklang ist wie ein Meer, das den Gesang der beiden mal trägt, mal verschluckt, dann wieder ausspuckt, das die Gefühle verlangsamt und dehnt, dann wieder aufwühlt, um sie anschließend wieder zur Ruhe zu bringen.
Das Orchester begleitet und kommentiert nicht, sondern es intensiviert die Gefühle der Protagonisten auch da, wo sie schweigen. Diese intensive Verbindung zwischen Orchester und Sängern wird unter dem Dirigat von Kazem Abdullah konsequent durchgehalten. Als wunderbar seien dabei Szenen hervorgehoben, wenn Instrumente (Englisch Horn/ Klarinette) solistisch mit Sängern, wie z.B. Linda Ballova als Elisabeth, zusammenspielen.
Das Wesen der Liebe
Tannhäuser befreit sich von Venus durch ein Zauberwort: „Heilige Maria.“ Venus löst sich in Nichts auf. Er trifft seine alten Freunde, strebt aber wieder von ihnen weg. Vermutlich fühlt er sich schmutzig, war er doch bei Venus. Sie überreden ihn aber zum Bleiben durch ein weiteres Zauberwort: „Elisabeth“, noch eine Heilige, eine Unberührbare. Es wird ein neuer Sängerstreit verabredet über das Wesen der Liebe. Wolfram von Eschenbach (Hrolfur Saemundsson), Walther von der Vogelweide (Patricio Arroyo) und die anderen Sänger huldigen einer rein geistigen Liebe.
Tannhäuser ist das zu fad nach sieben Jahren mit Venus und gesteht schließlich seinen Aufenthalt bei der Liebesgöttin. Große Empörung. Er hat ein Tabu gebrochen. Der Frauenchor verlässt indigniert die Bühne. Elisabeth fühlt sich persönlich beleidigt. Tannhäuser gelobt zum Papst zu pilgern, um von ihm Vergebung zu erlangen. Eine solch schwere Sünde vergibt der Papst aber nicht. Während seiner Pilgerreise betet Elisabeth für Tannhäusers Seelenheil und bietet sich Gott als Opfer für den rein geistig verehrten Sänger an. Da tanzt sie sehr schön – wunderbare Musik – vermutlich zum ersten Mal, leider mit dem Tod: Gott nimmt ihr Opfer an.
Düsterer Spielort
Auch wenn diese Geschichte mit ihrem Wagner’schen Opfertod irgendwie auch ärgerlich ist, so ist die musikalische Gestaltung und Intensität, die Intensität der Gefühle beeindruckend. Die Inszenierung (Mario Corradi) verlässt die Sagenwelt: Alle Sänger werden zu katholischen Priestern, der Venusberg zur Höhle, in der die „Versuchung des heiligen Tannhäuser“ stattfindet, Venus zu Marilyn Monroe, die dem zölibatär lebenden Priestersänger Tannhäuser wie eine Madonna auf dem Altar erscheint. Spielort ist ein düsteres Kirchengewölbe. Und der Beichtstuhl wird zum rotsamtenen Ort der Verlockung. Diese Übersetzung geht textlich nicht ganz auf, macht aber die Geschichte halbwegs plausibel.
Die Sänger sind durchweg überzeugend, auch in der Besetzung kleinerer Rollen. \ hj
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