James Blake nähert sich nach einem epochalen Debütalbum, zahllosen Remixen und Kooperationen diesem Problem von einer anderen Seite, indem er erst einmal alle mühsam gebastelten Schubladen für seine originelle Popmusik wieder transzendiert. Kryptisches Songwriting mit Sensibilität für die Dialektik von Zeit und Raum in Zeiten von Dubstep und elektronischer Clubmusik, das war seine Schublade, hell und verführerisch leuchtend durch ambitioniert skelettierte Cover-Versionen von Songs von Joni Mitchell und Feist.
Doch jetzt, zwei Jahre später, bricht er gleich wieder mit den definierbaren Konventionen seiner wirklich neuen Popmusik, indem er, gerade einmal 24 Jahre jung, einfach weiterforscht. Nicht länger origineller Interpret sein will, sondern Auteur auf der Höhe der technischen Möglichkeiten, die man auch mal links liegen lassen kann. Technische Hilfsmittel zur Modulation der menschlichen Stimme: out. Mörderische Subbässe und Dub-Effekte: out.
„Overgrown“ ist eine fragile, aber selbstgewisse Feier der menschlichen Stimme, eine sonische Kathedrale, die aus der Vergangenheit schöpft ohne modisch „retro“ zu sein. „Overgrown“ könnte der Folk des digitalen Zeitalters sein oder die Kirchenmusik des 21. Jahrhunderts. Ein ganz großer Wurf, allemal. \ ukr
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