Von Svenja Pesch
Endlich kommt sie zu Wort. Geschwiegen hat sie schon viel zu lange. Und dann auch noch in ganzen Sätzen sprechen, etwas Ungewohntes. Dabei hat Ismene, die Schwester von Antigone, so viel zu erzählen.
Alleine in der Höhle
Über die nervenden Fliegen zum Beispiel, die sie morgens, mittags und abends stechen. Aber das ist nur nebensächlich. Während draußen die „Höllenhunde“ hungrig ihre Zähne fletschen, sitzt Isemene alleine in einer Höhle. Um sie herum Laken, die einen Hauch von Schutz symbolisieren. In sie kann sie sich hüllen, wenn das Gebell lauter und aggressiver wird. Und in sie kann sie sich hüllen, wenn sie träumt und all die Gedanken in ihrem Kopf sie nicht schlafen lassen. Sie müssen einfach raus.
Die vielen Worte, die keiner hören mag. Warum auch? Sie ist doch eh die Ruhige, Zurückhaltende. Eben nur die Schwester von ihr. Von Antigone. Der starken, heroischen Person. Ihren Namen wird Ismene nicht mehr aussprechen, das hat sie sich geschworen. All die Erniedrigungen, die sie ihr Leben lang ertragen musste, haben Narben hinterlassen. Man kann lange über den Tod nachdenken, wenn man noch lebt. Schließlich sind wir als einfache Seelen geboren und als einfache Seelen gestorben.
„Was ist man, wenn man eben kein Held ist?“
Aber jetzt endlich: Jetzt hört ihr jemand zu. Ismene, gespielt von Anna Scholten, hat die Muße zu reden. Das Theater K zeigt mit „Schwester von“ aus der Feder der Niederländerin Lot Vekemans ein monologisches Stück, in dem die persönlichsten Gedanken ans Licht kommen. Regisseurin Mona Creutzer setzt den Schwerpunkt vor allem auf das Zwischenspiel von Ismenes Welt und dem Publikum: „Ismene diskutiert in ihrem Monolog die Tatkraft. Was ist man, wenn man eben kein Held ist?“ Ein Mensch ist man, mit Gedanken, Wünschen und einer Menge zu sagen. ///
7., 8., 14., 19., 26. und 29.6.
„Schwester von“
20 Uhr, Theater K
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